Wir Christen glauben an einen Gott, der diese Welt, ja das ganze Universum erschaffen hat.
Das klingt nach einer Binsenweisheit, aber ich habe den Eindruck, dass sich der aktuelle Zeitgeist damit sehr sehr schwer tut.
Wenn es einen Gott gibt, der alles erschaffen hat und dem diese Welt nicht wurscht ist, dann bedeutet das,
1. dass wir alles aus seiner Hand empfangen und es erst mal ist und bestimmte Wesensmerkmale hat, die nicht wir ihm aufgeprägt haben und
2. dass wir nicht alle Macht über alles haben, weil wir nur das tun können, was der Schöpfer auch zulässt.
Heutzutage greift in unserer Gesellschaft eine Do-it-yourself-Mentalität um sich. Der Mensch - anstatt sich und die Welt aus der Hand des Schöpfers zu empfangen und zu schauen, was er mit der gottgegebenen Realität anfängt - möchte sich selbst erfinden und sich seine eigene Realität basteln.
Das hat viele Facetten - ein paar Beispiele:
Wie viele Geschlechter gibt es? Hat der Schöpfer, wie die Bibel sagt, den Menschen als Mann und Frau geschaffen, oder kann der Mensch, wenn es ihm beliebt, 148 eigene Geschlechter definieren? Bin ich als Mensch dazu gerufen, meine Identität, die Gott mir gegeben hat, zu entdecken und zu entfalten, oder entscheide ich selbst, ob ich Männlein, Weiblein oder * (was auch immer das sein mag) bin?
Empfange ich ein Kind aus der Hand des Schöpfers, der den Schöpfungsakt in den Höhepunkt der Liebe, in die tiefste und lustvollste Vereinigung zwischen mir und meinem Mann legt, und unsere Liebe in besonderer Weise heiligt, indem er uns beide an der Erschaffung eines neuen Menschen teilhaben lässt? Oder bestelle ich ein im Reagenzglas gezeugtes Designerbaby?
Nehme ich meinen Leib an, wie er ist, und glaube daran, dass Gott auch bei meiner Erschaffung sah, dass es sehr gut war, wie die Bibel sagt? Oder brauche ich ein paar Schönheitsoperationen, bis ich mit meinem Körper zufrieden sein kann?
Sind Ehe und Familie Erfindungen des Schöpfers, die einen tiefen Sinn haben und ein Abbild Gottes sind? Oder können wir die Begriffe "Ehe" und "Familie" nach Lust und Laune selber definieren?
Die DIY-Mentalität lässt uns die Realität nicht mehr annehmen, wie sie ist, sondern sie ständig verbessern wollen. Es gibt doch tatsächlich den Begriff "augmented reality" - als wäre die von Gott geschaffene Realität nicht ausreichend und müsste erst noch gepimpt werden!
Diese Einstellung ist nicht nur deshalb gefährlich, weil sie ein klares Nein zum Schöpfer ist. Wir rotzen damit Gott vor die Füße und sagen: "Naja, netter Versuch, deine mickrige Schöpfung da... wir machen jetzt mal was Gescheites draus!"
Diese Mentalität versperrt uns auch selbst den Blick auf die Schönheit der Schöpfung, auf das Gute, Wahre, Große. Wenn wir nur denken: "Wenn ich die Welt erschaffen würde, dann würde sie so aussehen", dann sehen wir nicht, dass die Welt, die Gott erschaffen hat, noch viel wunderbarer ist, als wir uns jemals ausdenken könnten! Wer alles selber machen will, der hat nie gelernt zu staunen über das, was da ist.
Es gibt so viel Wunderbares zu entdecken - in der Welt, in unseren Mitmenschen, und vor allem auch in uns selbst! All das Große zu entdecken, das Gott in uns hineingelegt hat, und es zur Entfaltung zu bringen, ist so viel schöner, als etwas sein zu wollen, das wir nicht sind!
Eine Frau, die sein möchte wie ein Mann (traurigerweise laufen davon sehr viele rum und nennen sich ironischerweise ausgerechnet "Feministinnen"), hat keinen Blick dafür, wie wunderbar ihre eigene Weiblichkeit ist. Sie verpasst, dieses Geschenk, das der Schöpfer in sie hineingelegt hat, ihr Frausein zu entdecken, darüber zu staunen und es zur Entfaltung zu bringen. Stattdessen versucht sie, ein besserer Mann zu sein, was ihr niemals gelingen kann, weil sie eben keiner ist.
Und damit sind wir auch direkt beim zweiten Punkt: Wir können nicht alles. Wir haben nicht alle Macht. (Gott sei Dank, denn sonst wäre diese Welt das reinste Chaos.)
Wir können uns selbst nicht erfinden, sondern (und das ist eine sehr schöne und große Lebensaufgabe!) wir dürfen uns entwickeln nach dem guten, liebevollen und einzigartigen Plan Gottes, der uns nicht fix und fertig in diese Welt gestellt hat, sondern möchte, dass wir wachsen und selbst an unserer Entwicklung mitwirken, und zwar Hand in Hand mit unserem Schöpfer und nicht gegen ihn.
Nein, wir können nicht alles. Wir können auch diese Welt nicht untergehen lassen, davon bin ich überzeugt.
Momentan herrscht vielerorts eine Weltuntergangs-Panik-Stimmung: Wenn wir jetzt nicht [wasauchimmer], dann wird die Erde demnächst kaputtgehen!
Wir Christen glauben aber an die Wiederkunft Jesu Christi. Diese Wiederkunft ist keine Katastrophe, in der die Erde zerstört wird. Das Buch der Apokalypse spricht zwar davon, dass Teile der Erde durch Naturkatastrophen und Kriege zerstört werden. Dass das in der Realität so ist, können wir nicht bestreiten. Doch die Bibel spricht auch davon, dass Jesus Christus ein zweites Mal auf diese Erde kommt, diesmal nicht als unscheinbarer Mensch wie vor 2000 Jahren, sondern mit seiner ganzen Macht und Herrlichkeit. Wenn aber Jesus auf die Erde kommen will, dann wird er nicht zulassen, dass sie vorher von den Menschen zerstört wird. Gott hat diese Erde geschaffen, und er lässt sich sein Meisterwerk nicht kaputtmachen!
Natürlich haben wir die Aufgabe, mit der uns geschenkten Erde sorgsam umzugehen. (Auch das steht übrigens in der Bibel und ist keine Erkenntnis des 21. Jahrhunderts.) Und es ist dringend notwendig, dass wir uns über unseren Konsum Gedanken machen und nicht Ressourcen verschwenden ohne Ende und die Weltmeere vermüllen.
Aber was zutiefst unchristlich ist, ist der Glaube, dass die Existenz der Erde zu 100% von der Menschheit abhängt. (Wenn das so wäre, würde sie auch höchstwahrscheinlich längst nicht mehr existieren, weil irgendein Irrer sie längst mit einer Mega-Atombombe in die Luft gesprengt hätte.)
Die Welt ist in der Hand Gottes.
Er ist der Schöpfer und wir die Geschöpfe, nicht umgekehrt.
Und das bedeutet, dass wir sorgsam mit seinen Geschenken umgehen sollen, dass wir uns an seine Spielregeln zu halten haben, dass wir die Realität annehmen und gestalten sollen nach seinem Willen, und dass wir nichts tun können, wenn Gott es nicht zulässt.
In diesem Sinne können wir uns ein Zitat von Francis Spellman zum Leitspruch nehmen:
"Bete, als ob alles von Gott abhinge, aber arbeite, als ob alles von dir abhinge!" (Quelle)
Sobald wir eine Hälfte dieses Satzes missachten, sind wir in der Schieflage. Die Anbetung des Schöpfers erfordert beides: das Vertrauen in seine Macht und Weisheit und das Wahrnehmen unserer Mitverantwortung für die Schöpfung.
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